Französisch Guyana 2012

Anflug auf Cayenne
Anflug auf Cayenne

Für Vivarianer, die gern über den aquaristischen Tellerrand schauen, ist Französisch-Guyana auch heute immer noch eine Reise wert. Auch wenn es mit Sicherheit keine neuen Fischarten zu entdecken gibt, ist eine ichthyologische Fischsammelreise mit Expeditionscharakter in diesem Land gerade für Südamerika bereisende Aquarianer eine gute Adresse. Ist doch eine große Vielfalt an Fischen vorhanden. Diese können in vielen, relativ leicht zugängigen Bereichen gesammelt und ohne Probleme ausgeführt werden. 2012 konnte ich nach langer Vorbereitungszeit eine solche Sammelreise auf eigene Faust organisieren. Der Grundstein zur Finanzierung dieser Reise wurde zu meinem sechzigsten Geburtstag gelegt. Mehrere Anfragen im Vorfeld, bei „häufig reisenden Aquarianern“ zwecks einer Mitfahrgelegenheit bzw. Anschluss an eine schon bestehende Reisegruppe, welche in naher Zukunft Südamerika bereisen wollten, (U. Werner, R. Stawikows ki, R. Guggenbühl) ließen sich aus den unterschiedlichsten Gründen nicht realisieren. (keine Terminübereinkunft, nicht finanzierbar, viel zu langer Aufenthalt u.v.m.) Nach einem halben Jahr der Vorbereitung wurde zunächst der Flug für das Reiseziel zum 19. September gebucht. Kriterien, die für Französisch-Guyana sprachen: Eine gute Infrastruktur, Euro als Zahlungsmittel, relativ sicher, große Artenvielfalt an Fischen und Pflanzen, viele einfach zu erreichende Fundorte, problemlose Ausfuhr von Fischen, unser Gastgeber spricht deutsch und – DIE GEGEND IST FÜR WEICHEIER GEEIGNET. Wer mich kennt, weiß, dass NUR der letzte Punkt entscheidend und ausschlaggebend war.

Dann wurden durch einen Arzt alle notwendigen Impfungen durchgeführt. (Gelbfieber ist Pflicht!) Viele Kontakte per E-Mail zu unserem Gastgeber mit Anfragen über Preise der Unterkunft, Verpflegung, Mietwagen, Boot, Guide u.v.m. gingen in dieser Zeit über den Atlantik. Mitte September war es dann soweit. Spätnachmittags fuhr ich mit dem Pkw zunächst nach Luxemburg zu Jeannot. Er hatte sich während der Zajacmesse 2011 bereiterklärt, mich nach Französisch- Guyana zu begleiten. Je näher der Abflugtermin rückte, umso mehr bekam ich ein flaues Gefühl in der Magengegend, war aber gut angespannt in Erwartung dessen was außer Fischbiotopen und Dschungelpfaden in den nächsten Tagen und Wochen auf mich zukommen sollte. Morgens, um 6:00 Uhr Ankunft in Paris- Orly. Unser Pkw wurde auf dem Langzeit - parkplatz P4 zum Preis von sage und schreibe knapp 200 € für drei Wochen abgestellt.

Auf dem Weg zum Fourgassier
Auf dem Weg zum Fourgassier

Weitere im voraus geschätzte Kosten pro Pers.Flug 850,€ DZ 400€ Verpflegung 400€ Mietwagen und Sprit 550€ Impfungen 200€ An-Abreise Paris 200€ Diverse Ausgaben für Bootstouren 200€ Darin nicht eingeschlossen sind die Getränke während der An- und Abreise sowie Mitbringsel. Der Kaufpreis am Reiseziel für weitere notwendige Dinge. Außerdem werden benötigt: Fanggeräte (bei www.heberle-netze.de für 70,- €), Klarsichtbehälter, Autan Mückenschutzmittel, Fotospeicherkarten und eine Menge weiterer Kleinigkeiten. Dann kam endlich der Abflug am 19. September 2012, um 10:45 Uhr. 

Nach neun Stunden Flug landen wir wegen der Zeitverschiebung um 14:45 Uhr in Cayenne, der Hauptstadt von Französisch-Guyana. Diese ehemalige Kolonie ist etwa so groß wie unser Bundesland Sachsen. 90 % des Gebietes sind noch von tropischem Regenwald bedeckt. Der wiederum ist von zahlreichen Bächen und Flüssen durchzogen.Wir    treffen Thomas, der uns den Wagen vermietet, am vereinbarten Treffpunkt und übernehmen unseren reservierten Mietwagen, einen Peugeot 206.

Wir verstauen unsere Koffer sowie das Handgepäck und fahren über die Straße N2 etwa 15 Minuten zu unserer Unterkunft "Emerald Jungle Village". Diese liegt ca. 20 km von Cayenne entfernt und ist der ideale Ausgangspunkt für unsere Aktivitäten und Sternfahrten in das weite Umfeld. Die Unterkunft ist einfach, aber zweckmäßig und wird unseren Ansprüchen gerecht. Vor allen Dingen weil wir unsere selbst gefangenen Fische fachgerecht versorgen können, und weil es einen super Service sowie eine Rundumbetreuung durch Mareike und Joep Moonen, unsere deutsch sprechenden surinamesischholländischen Gastgeber, gibt! Nach dem Einchecken nutzten wir den Rest des Tages, um die nähere Umgebung zu erkunden. Wir wollten keine einzige kostbare Minute unseres Aufenthaltes durch aufkommendes herumlungern vergeuden.

Direkt hinter der Unterkunft fing der Regenwald an. Joep, ein fanatischer Hobbybotaniker, nach dem auch schon einige Pflanzenarten beschrieben wurden, hatte in unmittelbarer Nachbarschaft eine kleine  Exkursion gut vorbereitet. Ein Dschungellehrpfad erstreckte sich einige hundert Meter in den Urwald hinein. Viele Pflanzen rechts und links dieses Pfades hatte er mit einem Metallschild versehen, auf dem die Charakteristika und der lateinische Name stehen. Natürlich gab es auch schon erste Kontakte zur exotischen Tierwelt. Wir sahen Wasser- und Landschildkröten, Eidechsen in unterschiedlichen Farben und Größen, Skorpione, Kröten, Schmetterlinge und viele verschiedene Vogelarten. Highlight des Tages aber waren etwa zwei Zentimeter kleine Baumsteiger- oder Pfeilgiftfrösche aus der Gattung der Dendrobaten, die sich direkt vor unserer Haustür zwischen Bromelien und Tothölzern in den schönsten Farben präsentierten. Gegen 20:00 Uhr, nach dem Abendessen, gingen wir bei 36 °C zu Bett. Trotz der vielen Eindrücke und Erlebnisse des ersten Tages und trotz der Hitze sowie enormer Luftfeuchtigkeit schlief ich todmüde relativ schnell ein. Die folgenden Tage begannen immer gleich: Gegen 6:00 Uhr Aufstehen (ganz ohne Wecker), 6:30 Uhr war Sonnenaufgang, 7:30 Uhr Frühstück, 8:30 Uhr Exkursionen. Um uns ein wenig zu akklimatisieren, stand am ersten Tag nach dem Frühstück ein Ausflug nach Cayenne an. Hier war es zunächst der malerische Markt, der uns unwiderstehlich anzog. Neben Obst, Gemüse, tausenden Gewürzen (u.a. Cayenne-Pfeffer), Fisch (Cichliden=Speisefische), Blumen und Kleidung wurden auch Haushaltsgeräte und Dinge des täglichen Lebens angeboten.

Beim weiteren Bummel durch die Innenstadt genossen wir die Atmosphäre und ein Bierchen direkt im Zentrum und stießen, wie konnte es auch anders sein, auf ein durchaus interessantes Zoogeschäft. Zierfische, obwohl ja ausreichend im Land vorhanden, wurden nach Auskunft des Inhabers, ausschließlich aus dem Mutterland Frankreich importiert. Zurück ging es am frühen Abend über eine der zwei asphaltierten Hauptstraßen, die sich an der Küste entlangziehen. Es handelt sich dabei um die N1, welche zum Le Maroni, dem Grenzfluss zu Surinam und die N2, welche Richtung Süden zum Grenzfluss Oyapock nach Brasilien führt. Bemerkenswert war, dass ab der Stadt Regina bis zur brasilianischen Grenze etwa 100 km die Straße phasenweise nur geschottert war. Über eine dieser beiden Hauptstraßen begannen täglich alle unsere Sternfahrten. Die zum Teil entlegenen Fanggebiete und Biotope konnten – wenn überhaupt – nur mühsam über die von der Hauptstraße abzweigenden staubigen und mit Schlaglöchern übersäten Pistenwege oder auf dem Fluss mit dem Boot erreicht werden. Nach dem Abendessen saßen wir noch eine Weile beim Bierchen zusammen und sprachen mit Joep den Ablauf des kommenden Tages durch. Er war unser erfahrener Guide mit extrem guten Ortskenntnissen. Er kannte die schönen Biotope und hatte Insiderwissen über die Aufenthaltsorte fast aller in Französisch- Guyana nachgewiesenen Fischarten. Er empfahl uns als erstes den Crique Patawa im etwa 70 km entfernten Kaw-Gebirge zu besuchen. Mit gutem Kartenmaterial und Hinweisen ausgerüstet, brachen wir endlich am nächsten Tag mit Hand- und Rahmenkeschern zum Fischfang auf. Nun ist es aber so, dass die schönsten Biotope nicht direkt an der Straße liegen.

Diesem Irrtum war leider auch ich unterlegen. Nach etwa 90 Minuten Anfahrt, wir hatten unterwegs auf einem Höhenzug eine kurze Rast eingelegt, genossen wir für einen Augenblick die berauschende Aussicht talwärts, mit Blick auf den unendlichen Regen- oder Galeriewald, wie er auch oft bezeichnet wird. Ohne große Probleme fanden wir anschließend den Dschungelpfad, der uns zum Patawa führen sollte. Obwohl abwärts führend, hatte es nicht nur dieser Pfad wegen seiner vieler Hindernisse in sich. Umgestürzte Bäume, Stachelpalmen, Dornengewächse und Unebenheiten, verursacht durch Brettwurzeln und vieles mehr, erschwerten uns den Weg. Stolpernd und auch mal auf allen Vieren kriechend, erreichten wir trotz der Strapazen glücklich und zufrieden den Bachlauf. Dieses kleine Rinnsal, wie gesagt es war Trockenzeit, hatte mich schnell in den Bann gezogen. Zunächst machte ich einige Biotopfotos, und dann fing ich alles, was nicht schnell genug entrinnen konnte. Ich erbeutete Garnelen ohne Ende, Laimosemion (kannte ich bis dato nur unter Rivulus), Welse (Ancistrus), Stabwanzen und verschiedene Salmler. Zwischendurch wurden der Vollständigkeit halber die Wasserwerte gemessen und mit Datum im Tagebuch festgehalten.

Wir zogen flussaufwärts und verließen nach etwa zwei Stunden diesen Fangbereich. Wenn es trotz der vielen Hindernisse wie Wasserkaskaden und umgestürzten Bäumen möglich war, suchten wir weiter nach Fischen. Doch nach einem Kilometer versperrten uns messerscharfe Schwertpflanzen – Thurnia sphaerocephala – den Weg. Ohne Schnittverletzungen an den Beinen davonzutragen, war ein Weiterkommen unmöglich. Wir mussten das Bachbett verlassen und den von Joep beschriebenen Weg suchen, den wir auch auf Anhieb fanden. Allerdings hatten wir aufwärts wesentlich mehr Probleme. Kondition und alle Gelenke wurden gleichermaßen stark beansprucht. Die Pausen häuften sich und wurden länger, je näher wir unserem Fahrzeug kamen. Vollkommen erschöpft kamen wir an. Ich war fast bereit, das berühmte Handtuch zu werfen. Von wegen für "Weicheier geeignet"!

Zum Glück hatten wir uns schnell erholt und waren sogar nach kurzer Erholungspause stolz auf unsere bis hierhin vollbrachte Leistung. Zurück ging es 15 km über die kleine asphaltierte Straße bis zum Abzweig Richtung Crique Fourgassie. Der Abzweig "Piste" war wegen der korrekten km-Angabe nicht zu übersehen. Nach weiteren sieben Kilometern roter staubiger Piste voller Schlaglöcher kamen wir ans Ziel, einen Picknickplatz, an, der an Feiertagen von den Einheimischen als Naherholungsgebiet genutzt wird. Genau so sah er auch aus. Verdreckt! Man kann hier in unmittelbarer Nähe des Grillplatzes am Wochenende sicher keine erfolgreichen Fangtätigkeiten im angrenzenden Bachlauf ausführen. Zum Zeitpunkt unseres Aufenthaltes hatten wir jedoch dieses Revier für uns. Erstaunlich, wie groß die Artenvielfalt selbst in diesem doch recht unruhigen und verschmutzten Umfeld war. Mit dem bloßen Auge konnten wir in dem etwa 50 cm flachen Wasser zwischen Totholz und Laub Fische sehen. Es handelte sich um Rotaugen Krobia – also Buntbarsche, die in Französisch-Guyana weit verbreitet sind. Einige Paare führten ihre Nachkommen umher. Als Zwergbuntbarschfan war diese Art uninteressant, deshalb wurde kein Fangversuch gestartet. Auch ein Raubsalmler Hoplia malabricus, der ins Netz gegangen war, wurde wieder in sein Element entlassen. Allerdings habe ich versäumt, sein stattliches Gebiss im Foto festzuhalten. Schade, das muss unbedingt bei nächster Gelegenheit nachgeholt werden. Einige Meter weiter plätscherte der Wasserlauf dahin und überwand in vielen Kaskaden einen beträchtlichen Höhenunterschied. Hier wurde die Strömung durch eine Wasserrinne beschleunigt. In dieser Rinne, wo die Strömung am stärksten war, konnten wir Guyanancistrus brevispinis (L 41) beobachten und auch einige Exemplare fangen. Natürlich wanderten auch sogenannte Beifänge wie Salmler in unsere Transportbehälter.

arbeiten mit dem Zugnetz im Std Takt
arbeiten mit dem Zugnetz im Std Takt

Am frühen Abend machten wir uns auf den Heimweg. Alle gefangenen Tiere nahmen wir stolz mit. Es sollte das erste und letzte Mal sein, dass wir generell alle Tiere mitgenommen haben. Wir merkten sehr bald, dass für so viele Fische auf Dauer kein Platz in unseren bereitgehaltenen Kunststoff-Behältern vorhanden ist. Während unserer Abwesenheit waren zwei neue Gäste, Adalbert und Norbert aus Deutschland – genauer gesagt aus dem Allgäu – eingetroffen. Beim gemeinsamen Abendessen stellte sich schnell heraus, dass wir gleiche Interessen hatten, und viel wichtiger, die Chemie zwischen uns zu stimmen schien. Wir beschlossen sporadisch, zunächst gemeinsam den nächsten Tag im beziehungsweise auf dem Crique Gabriell zu verbringen. Früh morgens 7:30 Uhr Frühstück, es gab wie immer Baguette, Wurst, Käse, Marmelade, Nutella und Müsli. Dazu Kaffee, Tee oder Milch. Gut gestärkt für den Tag verluden wir die tags zuvor bereitgestellten Kanus auf die Wagendächer. Mit Bindfaden fixiert und einem Gurt wurden die Boote gegen Verrutschen gesichert. Naja, mit dieser Ladungssicherung wären wir auf bundesdeutschen Straßen nicht weit gekommen. Wie am Vortag fuhren wir bis zur etwa 800 Einwohner zählenden Ortschaft Roura wieder den kleinen asphaltierten Waldweg, der als Hauptstraße fungierte. Ab Roura schlichen wir quasi mit Schrittgeschwindigkeit über Buckelpisten und abenteuerlichen Brücken. Mehrere Male mussten wir halten und die Boote nachgurten, da sie drohten, seitlich wegzurutschen und das Autodach zu verlassen. Nach einer Stunde Fahrzeit für etwa 40 Kilometer, ein, wie ich fand, noch guter Schnitt in diesem Gelände, erreichten wir direkt hinter einer dieser abenteuerlichen Brücken unser Ziel. Den Crique Gabriell. Beim Zuwasserlassen der Boote sowie Verstauen unserer Lunchpakete, Fang und Transportutensilien, genau in dieser Reihenfolge, nahm ich das weite Umfeld wahr. Es war trostlos und zunächst längst nicht so traumhaft schön, wie man es mir beschrieben hatte. Aber das sollte sich nach der ersten Flussbiegung ändern.

Nach den ersten ungeschickten Paddelschlägen bekamen wir unser Boot immer besser in den Griff. Es folgte nach kurzen Anlaufschwierigkeiten willig dem Druck unserer Paddel. Es machte uns richtig Spaß durch langsam immer dichter werdende Pflanzenbestände eine Fahrrinne zu bahnen. An einer offensichtlich geeigneten Stelle zogen wir nicht ohne Schwierigkeiten die Boote aus dem Wasser. Jeannot sprang aus dem Boot und wollte das Kanu an Land ziehen, aber es blieb beim Wollen. Knöcheltief reichte der Schlamm. Nur mit Mühe konnte er sein Schuhwerk aus dem Modder ziehen. Nachdem wir etwas später dann doch noch ein idyllisches Plätzchen gefunden hatten, begannen wir unsere Fangtätigkeiten.

Hatten wir zunächst unsere Handfangnetze schon mit Erfolg im Einsatz, war die Ausbeute mit dem Zugnetz, welches uns unser Gastgeber zu Verfügung gestellt hatte, um ein Vielfaches höher. Was wir nicht brauchten, wurde wieder dem Bach zugeführt. Einige wenige für uns interessante Fische wanderten in unsere Transportgefäße und später in die Hälterungsanlage. Hätten wir unsere gesamte Fangbeute mitgenommen, hätten wir schon nach wenigen 

Tagen diese wegen Überfüllung schließen müssen. Wir fingen unter anderem: Große Dornwelse, Cichliden – darunter Cleithacara maroni, Cichlasoma amazonarum, Heros sp. "Guyana", Mesonauta guyane, Salmler: Hoplia malabricus (Raubsalmler), Nanostomus beckfordi, Monkausia sanctafilom, Monkausia collettii, Hyphessobrycom copellandi und natürlich eine Menge mir bis dato unbekannter Salmler. Gegen 12:00 Uhr legten wir eine größere Pause ein. In der machten wir uns mit mächtigem Appetit über unser mitgebrachtes Lunchpaket her, welches wie immer Brot, Wurst, Käse, Salat und Getränke, ja auch ein Bierchen, enthielt.

Ganz nebenbei fotografierten wir ein rundes Dutzend Libellen, welche geschäftig über das Bachbett flogen. Etwas später wechselten wir mit den Kanus den Standort. Ein Seitenarm, welcher uns auf dem Hinweg aufgefallen war, hatte unsere Neugier geweckt. Dieser war aber am Ende so verschlammt, dass an einen Ausstieg nicht zu denken war, beziehungsweise keiner von uns sich so richtig in die Matsche traute. Da die Zeit schon fortgeschritten war, beschlossen wir den Rückweg anzutreten. Die stille und eindrucksvolle malerische Landschaft ließen wir langsam paddelnd an uns vorüberziehen. Wir genossen Ruhe und unberührte Natur pur. Da unser Tag mit Adalbert und Norbert äußerst harmonisch und erfolgreich in allen Belangen verlaufen war, beschlossen wir einstimmig beim Abendbrot, unsere Kooperation und Zusammenarbeit weiter auszubauen. Die nächsten abenteuerlichen Tage im Dschungel und einen Kurztrip zum Grenzfluss Oyapock  und Brasilien            verbrachten wir gemeinsam.

Dschungeltour

Jeden Tag ein Highlight abseits vom Massentourismus, einfach Natur pur, bei  freier Zeiteinteilung. Die beim Abendessen Tags zuvor vorgeschlagenen und ausgemachten Ziele  wurden im Verlauf des Tages, nach einem ausgiebigen Frühstück  (7:30- 8:30) angefahren und befischt. Unterbrochen durch  mehr oder weniger kurze Stopps an Brücken oder Gewässern die wir passierten


 

 Nach Blickkontakt entschieden wir, ob das Biotop / Lebensräume für uns interessant für Fangversuche war(en) oder nicht. Wenn es die Zeit zuließ wurden Wasserproben entnommen und Parameter festgehalten.    Wenn allerdings eine Steigerung von Highlight auf dem Programm stand, hieß es früh aufstehen. Unser Abenteuer Dschungelcamp begann mit  einem leichten Vorgeplänkel bei  einem  Abendbrot. Man könnte doch… Corydoras, L Welse, Apistogramma, und weitere Cichliden…bei einer Nacht und Nebelaktion… ich war dafür, gar keine Frage!

 

Nachdem einige Probleme, wie Finanzierung und Organisation geklärt waren, ging es einige Tage später ans packen und verstauen von diversen Dingen, die  wir unbedingt für einen Aufenthalt weit weg von jeder Zivilisation und einer für uns so bedeutungsvollen Fischfangreise mit  Expeditionscharakter benötigten. Dazu gehörten Nahrungsmittel, Campingkocher, genügend Treibstoff für Boot und Aquarianer, Munition und  Schusswaffen  (Vorderlader aus dem Mittelalter), Hängematten, Auflagen, Decken für die Nacht, Fanggeräte, ein Kanu, u.v.m. Nicht zu vergessen, dicke Ketten, sowie dazugehörige Schlösser, um Fahrzeug  und Trailer während unserer 3 tägigen Abwesenheit  zusätzlich vor Diebstahl zu sichern. Und das obwohl wir das Gespann  für einen kleinen Obolus  auf dem Gelände eines eingezäunten  Wasserwerkes  abstellen durften.  .                                                                                                                                     

Am 24. 09.wurden nach dem Frühstück, erwartungsvoll , letzte persönliche Dinge( Fotoapperat, Wäsche, Kulturtasche, Taschenlampe, Reisepass) in eine 40ltr fassende, mit einem Schraubverschluss versehene und damit gegen Wassereindrang geschützte  Tonne, gepackt. Die Deckel waren mit  Nummern versehen, so dass jeder bei Bedarf auf Anhieb , schnellen Zugriff auf seine Utensilien  hatte. Gegen 8:00 Uhr befanden wir uns auf der N2 Richtung Süden . Nach 45 Min. erreichten wir den Riviere Comte. Hier wurde das Boot zu Wassergelassen, Trailer und Fahrzeug auf dem Wasserwerksgelände geparkt und binnen weniger Minuten  ging es Stromaufwärts. Adalbert übernahm vorn die Position des Ausgucks. Der Comte war gespickt, mit massiven  unter der Wasseroberfläche liegenden Felsbrocken und damit verbundenen kleineren Stromschnellen, denen es  auszuweichen galt, bevor wir kollidierten. Da der Comte nach Aussagen unseres Gastgebers wenig Wasser führte, kam es, wie es kommen musste! An einer Stromschnelle ging es nur ohne Ladung weiter.

. Also, Gepäck und  Ladung an den Stromschnellen vorbei auf dem Landweg transportieren, Boot durch die Stromschnellen ziehen, laden und weiter. Nach gefühlten 3 Stunden für  etwa 50 km Wasserstraße, erreichten wir den Crique Bagot einem Zufluss des Comte. Nach weiteren 10Minuten  verließen wir das Boot und zogen es Stromaufwärts, da es drohte  mit dem Kiel aufzulaufen. Nach einigen 100 Metern war Schluss. Totholz ohne Ende versperrte uns  den Weg. Bei der Suche nach einem geeigneten Standort für unser Zelt-  Nachtlager kam uns der Zufall zu Hilfe. In unmittelbarer Ufernähe  befand sich ein verlassenes Garbet. So bezeichnet man ein auf Stelzen stehendes, nach allen Seiten offenes, mit Dach versehendes  tropisches Wochenendhaus. Das eignete sich ideal für unser Lager.   Alles im Boot befindliche wurde in kürze zur Unterkunft transportiert und schnellstens ausgepackt. Mit unseren Fangnetzen ausgerüstet, ging es wenig später ins Biotop. Einfach herrlich, unbeschreiblich! Jeannot hatte es auf lebendgebärende abgesehen, Norbert und Adalbert auf Welse, und ich, mehr oder weniger, auf Cichliden. Aber ich war nach allen Seiten offen. Wir nutzten die verbleibende Zeit bis kurz vor Einbruch der Dunkelheit  mit Fang und Versorgung aller erbeuteten beziehungsweise aussortierten Fische.

Diese wurden zur Basis/Camp gebracht, wo schon Batterie betriebene Durchlüfter,  vorbereitetes Wasser mit Sauerstoff versorgten. Gegen 18:00 Uhr setzte die Dämmerung ein. Abendbrot gab es gegen 19:00 Uhr, Reis mit Huhn aus der Dose, hatte Joep schon vorbereitet. ( mit Wasser verlängert  ) Anschließend, eventuell auch schon vorher, wurden  zum Bierchen noch einige Fangergebnisse korrigiert… aus 10cm wurden schnell 20 cm. Schon gegen 20:00 Uhr trat Ruhe ein. Einige zogen sich in ihre Hängematte zurück. Ich bevorzugte eine Gartenstuhlauflage, ruhte ebenerdig und hing meinen Gedanken nach. An Schlaf war  so richtig nicht zu denken, gab es doch so  viele neue Geräusche: Ständiges knacken im Unterholz, Brüllaffen direkt um die Ecke, gegen Mitternacht zweimal Motorengeräusche, quakende Frösche,  die wegen ihre Lautstärke  so groß wie Elefanten gewesen sein müssen.   Ich zog die Decke mehr wie einmal etwas enger, es war nach Mitternacht extrem kühl und auch feuchter geworden.     Schon weit vor dem Morgengrauen war das Lager mit Leben gefüllt. Kaffeeduft lag in der Luft. Der Tisch war gedeckt, Dauerwurst, Käse, Marmelade und Erdnussbutter sowie Baguette (am Bagot) zum Frühstück. Alle waren gerädert, trotzdem war die  Stimmung  super.

Unmittelbar nach dem Frühstück versuchten Adalbert und ich mit dem Kanu  das Totholz zu umgehen und Flussaufwärts  zu gelangen. Nach wenigen umkurften Hindernissen gaben wir genervt auf, nicht ohne uns einen Uferbereich zu merken, der fast frei von dichtem Totholz und Laubablagerungen war und uns fürs arbeiten mit dem Zugnetz geeignet erschien. Den Abschnitt erreichten wir 30 Minuten später auf dem Landweg, bezw. Zu Fuss Flussaufwärts. Vom offenen 50cm flachen Wasser zogen wir das Zugnetz Halbkreisförmig in Richtung Uferböschung. Dabei mußten wir  höllisch aufpassen, dass wir nicht im  Geröll oder Totholz hängen blieben oder das Netz sich verhedderte und kleine Durchlässe freigab. Schon kleinste Lücken zwischen Boden und Netzunterkante  wurden von den  Fischen zur Flucht genutzt. Insgesamt konnten wir zweimal mit dem Zugnetz arbeiten. Wie fast immer zählten Salmler, Cichliden und Welse zur Ausbeute. Hin und wieder einige Messerfische und Nanderbarsche.

  Rivulus erbeuteten wir regelmäßig mit unsern Handkeschern. Naja, und atemberaubende Zwerge konnten nur einige wenige zwischen reichlich Totholz, mit viel Ausdauer in ihrem Habitat überlistet werden. Viel zu schnell verging der Aufenthalt im Dschungel. Mittags Tag drei wurde gepackt   ,Fische  welche den Flug über den Atlantik antreten sollten ,ver  sorgt  und natürlich jeglicher Abfall mitgenommen. Was in diesem Land nicht selbstverständlich ist!

Brasilien, klingt schon irgendwie abenteuerlich, war es auch! Schon die  suche vor Ort nach einer passenden Unterkunft, sprich Hotel in Oiapouge war gigantisch. Doch der Reihe nach. Am 29.09. befanden wir uns schon früh morgens auf der N2 Richtung  Brasilien. Wir hatten den Abfahrtszeitpunkt extra früh gewählt  um noch einige Wasserproben bei einigen Stopps nehmen zu können.  Drei Stopps  wurden vom Führungstab ( Joep ) genehmigt. Crique Blanche: PH  6,0 27° C Lf.36 µS cm  Schlammbach an der N 2 km 76 (kein offizieller Name)  PH 5,8  27° C  Lf 18µS cm   Riviere Kapiri N 2 km 132,5 hier wurde keine Wasserprobe entnommen, wurde schlichtweg vergessen da die Ereignisse sich überschlugen. Genau an der Stelle wo ich Wasser entnehmen wollte, baute sich ein alter Bekannter vor mir auf und empfing mich mit den Worten: „Du willst doch nicht in meinem Revier fangen!“ Unglaublich ! Stand doch Uwe Werner vor mir, der mit seiner Crew ebenfalls French Guyana bereiste . Das Hallo war herzlich, man verabredete sich in der Heimat um Erlebnisse auszutauschen.                                                                        

Über Regina mit Passkontrolle fuhren wir  weiter nach St Georges ins Hafengebiet. Hier wurde wieder unter Aufsicht  gegen einen geringen Obolus geparkt und anschließend  mit einem kleinen Taxiboot nach Brasilien übergesetzt. Schon das erste Hotel welches wir vom Boot aus sahen, löste  wahre Begeisterungsstürme unter uns aus. Aber auch alle anderen “Hotels“ die wir im Verlauf unseres Aufenthaltes  in Augenschein nahmen, wirkten abenteuerlich. Wir scheckten letztendlich im Hotel Paris ein(20,- Euro p. P. die Nacht umgerechnet) Wenn ich nun schreibe, dass wir nach dem Passport bei der Polizei den 6.000 Einwohner zählenden Ort unsicher gemacht haben, ist das stark übertrieben. Wir haben lediglich im Hafenbereich  und später im Ortskern  ein paar  Cay Pirinha  (natürlich Flaschen!) getrunken.   Zwischenzeitlich einen Bummel über den Markt riskiert-  viele Eindrücke gesammelt und zumindest ich hab eine Menge Fotos gemacht. Irgendwann gegen  00:00 Uhr gings dann mit der nötigen Bettschwere  ins Körbchen. Am nächsten morgen Frühstück , ausschecken  Passport  mit Stempel  bei der örtlichen Polizeibehörde, mit dem Taxiboot zurück nach St Georges und von dort ohne großartig Luft zu holen, etwa 20 km über die von Schlaglöchern übersäte Piste nach Saut Maripa zu den Stromschnellen des Qyapock.

Am Corydoras Bach ,( ich vermute hinter diesem Namen verbirgt sich das Einzugsgebiet des Crique  Minete) kurzer Fangzwischenstopp. Hier unterbrach ich meine Fangtätigkeit um diesmal  Uwe Werner , welcher sich ebenfalls für dieses Gewässer interessierte, scherzhaft darauf hinzuweisen, dass er sich  diesmal in meinem Revier befindet. Unglaublich! Wir wohnen  in der Heimat Luftlinie keine 10 km auseinander. Treffen uns auf diversen  Events alle 4 Wochen und hier gleich zweimal innerhalb von 2 Tagen.    Die Zeit drängte, wir mußten weiter. Wollten wir doch das traumhafte Panorama der Stromschnellen genießen  und wenigstens einige Kescherzüge  riskieren. Kurzum, mich hatte zunächst die traumhaft schöne Landschaft in den Bann gezogen. Habe diese eingesogen und nur noch besessen wie ein Japaner auf den Auslöser meines Fotoapperates gedrückt. Letzendlich blieb mir nur wenig Zeit zum fischen . In der  Uferböschung eines kleinen Bachzulaufes gelang es mir dennoch einige kleine  arg strapazierte Corydoras aneus und einen mir unbekannten Corydoras „Langschnäuzer“ zu fangen.  Am späten Nachmittag  fuhren wir Schlaglochsuchend  über die Lateritpiste die 20 km zurück nach St Georges , dort auf die N2 Richtung Cayenne .  Pünktlich zum Abendessen meldeten wir uns  bei Mareike zurück und ließen uns das Abendbrot und weitere Bierchen schmecken